Seit dem Flüchtlingsstrom im Jahr 2015 beschäftigt sich das Jugendamt des Ilm-Kreises intensiver mit der Thematik der unbegleitet minderjährigen Ausländer. Kinder und Jugendliche gelten dann als unbegleitete minderjährige Ausländer/Flüchtlinge, wenn sie ohne ihre Eltern nach Deutschland einreisen.
Das Jugendamt des Ilm-Kreises wurde dazu personell aufgestockt. Insgesamt kümmern sich nun im Jugendamt fünf Mitarbeiterinnen im Sozialen Dienst, als Amtsvormünder und in der Wirtschaftlichen Jugendhilfe um die Belange der UMAs seitens des Amtes.
Zwei Mitarbeiterinnen aus dem Sozialen Dienst des Jugendamtes kümmern sich im Aufnahmeverfahren um eine enge überbehördliche Zusammenarbeit, um den unbegleitet minderjährigen Flüchtlingen ein gutes Ankommen im Ilm-Kreis zu ermöglichen. Mit der Zuweisung in den Ilm-Kreis organisiert das UMA-Team die Unterbringung der unbegleitet minderjährigen Ausländer in für sie geeigneten Wohnformen. Diesbezüglich wurden im Ilm-Kreis drei neue Jugendhilfeeinrichtungen geschaffen. Darüber hinaus wird im Einzelfall geprüft, ob die Unterbringung bei einer geeigneten Person (z. B. Familienmitglieder) erfolgen kann.
Für die Unterbringung bzw. Betreuung aller UMAs ist nach der Inobhutnahme und dem Clearingverfahren die Antragstellung im Jugendamt auf Hilfe zur Erziehung (HzE) erforderlich.
Des Weiteren übernimmt das UMA-Team die Organisation der gesundheitlichen Versorgung, die Antragstellung an das Familiengericht zur Bestellung eines Vormundes, der sprachlichen sowie schulischen Integration und ausländerrechtlicher Belange. Regelmäßige Kontakte mit den unbegleitet minderjährigen Ausländern und die Zusammenarbeit mit geeigneten Dolmetschern und dem Amtsvormund sind dabei unerlässlich.
Derzeit betreuen im Jugendamt vor allem die zwei neu eingestellten Amtsvormünder die unbegleiteten minderjährigen Ausländer. Als Amtsvormund (AV) wird das Jugendamt durch das Amtsgericht Arnstadt bestellt, wenn die Eltern der UMA’s sich nicht in Deutschland aufhalten und somit die elterliche Sorge nicht ausüben können. Der AV ist der gesetzliche Vertreter, der den Mündel in allen Rechtsgeschäften bis zur Volljährigkeit vertritt. In enger Zusammenarbeit mit dem sozialen Dienst, der Schule, Verwandten usw. wird die Betreuung der UMAs gestaltet bzw. umgesetzt. Eine schnelle Anbindung an Schule oder Sprachkurse ist erforderlich um die Integration zu fördern. Einige UMAs haben in der Heimat keine Schule besucht und somit muss eine geeignete Schulform oder erst einmal ein Alphabetisierungskurs gefunden werden. Alle vom AV betreuten UMAs befinden sich derzeitig in einer entsprechenden Schuleinrichtung oder sind schon an das Jobcenter hinsichtlich der weiterführenden Perspektive angebunden.
Zusätzlich wird die Gesundheitssorge der unbegleiteten minderjährigen Ausländer durch den Vormund gesteuert, das heißt er veranlasst entsprechend notwendige Maßnahmen, auch Impfungen, und sichert die Facharztbesuche ab. Das An- und Ummelden der unbegleitet minderjährigen Ausländer bei Krankenkassen, Einwohnermeldeämtern etc. liegt ebenfalls im Aufgabenbereich des Amtsvormunds, genau wie die Stellung des Asylantrages und die Begleitung des Verfahrens.
Um die unbegleiteten minderjährigen Ausländer über die Regeln und Gesetze in Deutschland aufzuklären, fand im Sommer die Informationsveranstaltung „Fit für den Rechtsstaat“ statt. Experten aus der Justiz, dem Jugendamt sowie Studierende der sozialen Arbeit suchten das Gespräch mit den Flüchtlingen und informierten über die deutschen Gesetzmäßigkeiten, die Funktionsweise der Justiz, die Folgen von Straftaten und die Rolle des Jugendamtes in diesem Zusammenhang. Für die sprachliche Verständigung wurde ein Dolmetscher eingesetzt.
Aktuell betreut das Jugendamt des Ilm-Kreises insgesamt 61 unbegleitet minderjährige Ausländer. Die Gruppe umfasst drei Mädchen im Alter von 12 und 17 Jahren sowie 58 Jungen zwischen 6 und 17 Jahren. 16 der unbegleitet minderjährigen Ausländer leben bei Verwandten, 45 sind in verschiedenen Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht.
Die Eröffnung von drei neuen Jugendhilfeeinrichtungen in diesem Jahr durch das Arnstädter Bildungswerk e.V., dem Bildungswerk Großbreitenbach e.V. und dem CJD Ilmenau war im Ilm-Kreis eine große Herausforderung, die von den Trägern und dem Jugendamt besondere Anstrengungen forderte. Baumaßnahmen zum Umbau von Gebäuden, Ausstattung der Einrichtung, Personalsuche, Teamfindung, der Abschluss von Leistungs- und Entgeltvereinbarungen u.v.m. stand auf der Tagesordnung. Dieser Weg ist noch nicht beendet, so dass aktuell zum Beispiel über Verselbständigungskonzepte zwischen den Einrichtungen und dem Jugendamt diskutiert werden muss.
Gemeinsam mit Schulen und örtlichen Bildungsträgern ist es gelungen, alle unbegleitet minderjährigen Ausländer schulisch bzw. sprachlich zu integrieren. In der Zusammenarbeit mit allen beteiligten Professionen ist es Ziel der Arbeit des Jugendamtes, die unbegleitet minderjährigen Ausländer optimal auf den Übergang in die Volljährigkeit und damit auf ihr zukünftiges, eigenständiges Leben in Deutschland vorzubereiten.
Aufgrund der unterschiedlichen kulturellen und gesellschaftlichen Hintergründe sowie dem Bildungsstand jedes einzelnen unbegleitet minderjährigen Ausländers gestaltet sich der Prozess der Integration in Deutschland sehr individuell.
Eine Erkenntnis für alle Helfer war, dass auch diese Jugendlichen dieselben entwicklungspsychologischen Phasen durchleben und damit mit ähnlichen Problemlagen wie deutsche Jugendliche konfrontiert sind.